Stell dir vor, dass ich dich liebe - Ein wundervolles Plädoyer gegen Mobbing und für die Selbstliebe

Broschiert | 464 Seiten | Fischer SAUERLÄNDER Verlag | Übersetzung: Maren Illinger | Hier kaufen

Urteile nicht über einen anderen, bevor du nicht 1000 Schritte in seinen Schuhen gelaufen bist. 

Libby hat einst traurige Berühmtheit als "Amerikas fettester Teenager" erlangt, als sie mit einem Kran aus ihrem Haus befreit werden musste. Nun, 4 Jahre später und hundert Kilo schlanker, aber immer noch übergewichtig, kehrt sie an die Highschool zurück. Und hat große Pläne: sie will Mitglied in der Schul-Tanztruppe werden. Doch damit stößt sie auf gewaltigen Gegenwind... Jack gilt als der coolste und begehrteste Junge der Schule. Doch dass sein Verhalten nur aufgesetzt ist, um sein größtes Geheimnis zu verbergen, sieht niemand: Jack ist gesichtsblind und würde in einer Menschenmenge nicht einmal seine eigene Familie erkennen. 
Als Libby und Jack durch einen dummen Zufall aneinandergeraten, ahnen sie nicht, dass sie das Leben des Anderen für immer verändern werden...

Stell dir vor, dass ich dich liebe war mal wieder so ein Buch, an das ich gar nicht allzu große Erwartungen hatte und welches mich vielleicht gerade deshalb so begeistern konnte. Ich habe bisher noch kein Buch von Jennifer Niven gelesen, deshalb hatte ich keine Ahnung von ihrer erzählerischen Wucht und dass mich dieses Buch so überwältigen und nachhaltig beschäftigen würde. Aber hinter dem harmlos und süß anmutenden Cover verbarg sich tatsächlich eine wahre Jugendbuch-Perle, die mich mit ihrer tiefgehenden und emotionalen Geschichte über Alltagshelden und Mobbing vollkommen überzeugen konnte.

Im Fokus stehen zwei Teenager, die unterschiedlicher nicht sein könnten: zum einen ist da Jack, der von seinen männlichen Mitschülern bewundert und von den weiblichen begehrt wird. Er ist immer für einen coolen Spruch zu haben und knutscht auf Partys auch einfach mal mit einem fremden Mädchen, während sein Freundin mit im Raum ist. Doch hinter seiner coolen Fassade verbirgt Jack ein Geheimnis, von dem niemand weiß: er kann keine Gesichter erkennen.
Libbys "Problem" dagegen ist unübersehbar für jedermann: Sie ist schwer übergewichtig. Für Libby selbst ist das kein Problem, doch scheinbar für ihre Umwelt. Denn seit sie zurück an der Highschool ist, muss sie sich jeden Tag dumme Sprüche ihrer Mitschüler anhören. Doch davon lässt Libby sich nicht unterkriegen. Auch nicht, als Jack sie unfreiwillig zur Teilnehmerin am "Schwabbel-Rodeo" macht...

Libby war mir vom Fleck weg sehr sympathisch. Sie ist wirklich mutig und stark, aber auch nicht übertrieben selbstbewusst. Die Beleidigungen und miesen Kommentare ihrer Mitschüler setzen ihr zu, auch wenn sie es nicht an sich heranlassen will. Alles andere hätte ich auch unrealistisch gefunden, um ehrlich zu sein, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass man sowas einfach abschüttelt, als wäre nichts gewesen. Aber auch wenn Libby Momente hat, in denen sie weinen muss vor Frust oder Schmerz und eine kleine Stimme in ihr flüstert, doch einfach aufzugeben, lässt sie sich nicht unterkriegen. Und deshalb ist Libby für mich eine richtige Heldin und mir unheimlich ans Herz gewachsen! Jack dagegen hätte ich gerne mal ins Gewissen geredet und ihm etwas von dem Mut gewünscht, den Libby aufweist. Denn Jack fürchtet sich sehr vor den Reaktionen seiner Mitschüler, sollte seine Krankheit jemals enthüllt werden.  

Zentrales Thema der Geschichte ist das Mobbing unter den Mitschülern. Ich fand es schrecklich zu sehen, wie grausam einige Mitschüler Libby oder andere Kids behandeln, einfach nur, weil sie dick oder anders sind. Am liebsten hätte ich sie alle angebrüllt, wie verletzend ihre Sprüche und ihr Verhalten sind und ob ihnen gar nicht bewusst ist, was sie damit anrichten können. Gleichzeitig hat mich die Geschichte auch sehr nachdenklich gemacht. Warum urteilen wir überhaupt über andere aufgrund ihres Aussehens? Warum fällt es uns so schwer, die Menschen einfach so zu akzeptieren, wie sie sind? Welchen Nutzen ziehen wir daraus, andere zu verletzen?

Weiteres Thema des Buches ist die sich entwickelnde Beziehung zwischen Libby und Jack. Mit der Zeit entstehen zwischen ihnen mehr als freundschaftliche Gefühle, und keiner von beiden weiß, wie er damit umgehen soll. Auch wenn das schon süß und romantisch war, fand ich es doch angenehm, dass die Liebesgeschichte nicht so im Vordergrund steht. Viel mehr noch ging es um die Charakterentwicklung der beiden und wie sie lernen, zu sich selbst zu stehen und sich gegenüber ihrer Umwelt zu behaupten.

Die ganze Geschichte fand ich sehr realistisch geschildert, hier wird nichts beschönigt oder leichte Lösungen angeboten. Und dank Jennifer Niven weiß ich nun auch um das Krankheitsbild der Prosopagnosie Bescheid und die Probleme, unter denen die Betroffenen leiden.

Mein Fazit: Jennifer Nivens neuestes Werk ist ein eindrucksvolles Plädoyer gegen Mobbing mit starker Botschaft: Steh zu dir selbst! Sei so, wie du sein willst, egal was die anderen sagen. Nimm es nicht einfach hin, wenn jemand versucht, dich klein zu machen! Dieses Buch ist ein Muss für alle, die sich unverstanden fühlen oder das Gefühl haben, ihr eigentliches Ich verstecken zu müssen, aber auch für alle, die einfach nur ein wundervolles Jugendbuch mit Herz und Verstand suchen. Für mich ist Stell dir vor, das ich dich liebe eines der  besten Jugendbücher des Jahres!


8 Kommentare:

  1. Und noch eine begeisterte Rezension! Vielleicht sollte ich es mir wirklich auch zulegen, auch wenn mich Jennifer Nivens "All die verdammt perfekten Tage" nicht durchweg damals überzeugen konnte...

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    1. Hi Livi, das erste Buch habe ich nicht gelesen, aber ich glaube, das werde ich noch nachholen müssen. Ich wäre ja gespannt, ob dir dieses hier besser gefällt...

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  2. Halli hallo

    Es gibt ja so Bücher wo mein Bauch sagt " kauf es, ohne gross die Meinungen abzuwarten" ;)
    Dieses hier war so eins welches ich mir spontan vorbestellt habe und nun freue ich mich umso mehr auf die Geschichte.
    Danke für deine inspirierende Rezi <3

    Liebe Grüsse
    Bea

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    1. Hi Bea, ich glaube, manchmal ist es auch gut, ganz unvoreingenommen durch andere Meinungen an ein Buch heranzugehen, das gibt die besten Überraschungen :-)
      Ich wünsche dir schöne Lesestunden!

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  3. Schön, dass es dir so gut gefallen hat :) bei mir steht es noch auf der Wunschliste und ich hoffe, dass ich gaaaaanz bald dazu komme, es zu lesen, da ich bislang nur Gutes darüber gehört hab. :)

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    1. Hi Binzi, sag mir dann doch, wie es dir gefallen hat, wenn du zum Lesen gekommen bist.

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  4. Hallo Friedelchen,
    auch ich habe bislang noch kein Buch von Jennifer Niven gelesen. Deine Rezension ist jetzt die dritte, die ich zu diesem Buch lese. Alle drei Rezensionen sind aus dem Schwärmen nicht mehr herausgekommen. Nach und nach entdecke ich immer wieder kleine Feinheiten und nach und nach wächst der Wunsch in mir, dieses Buch endlich von der Wunschliste zu befreien :o)

    Vielen Dank für diese wundervolle Rezension.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

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  5. Hi meine Liebe,

    ich war auch total begeistert von der Geschichte und ich finde sie bleibt einem noch länger im Gedächtnis! Die Protagonisten haben mir gerade wegen ihrer Außergewöhnlichkeit gefallen :-)

    Liebe Grüße
    Desiree

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