Kraa: Das verlorene Tal - Bildgewaltige, brutale Abenteuergeschichte

 Heute möchte ich euch das Graphic Novel "Kraa: Das verlorene Tal" von Benoit Sokal vorstellen, eine Abenteuergeschichte, die aus der Sicht eines Adlers erzählt wird. 



"Ich heiße Kraa, und ich bin der neue Herr der Welt!"

Irgendwo zwischen Sibirien und Alaska liegt das Verlorene Tal, ein unwirtlicher, aber beeindruckender Landstrich, in dem der junge Eingeborene Yuma mit seinem Stamm wohnt. Über das Tal herrscht Kraa, ein Riesenadler, dessen legendäre Art von Yumas Stamm seit jeher verehrt wird. Als Kraas Eltern getötet werden, ist der junge Adler auf sich allein gestellt und anfangs fast zum Sterben verurteilt. Doch Yuma, der sich dem Adler seltsam verbunden fühlt, hält ihn mit erlegter Beute bei Kräften, bis Kraa stark genug wird, selbst wilde Wölfe zu erlegen. 

Eines Tages kommen zwielichtige Geschäftsleute und Arbeiter in das abgelegene Tal und stören die friedliche Ruhe, denn das Gebiet ist reich an Bodenschätzen. In kurzer Zeit stampfen sie eine neue Stadt aus dem Boden und planen, das Tal zu fluten, um leichter an die Mineralien unter der Erde zu kommen. Doch Yumas Stamm bedroht die Arbeiten und es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen, bei denen nicht nur Yumas kleine Schwester stirbt. Yuma und Kraa, der in dem Jungen seinen Seelenbruder erkannt hat, schwören den Männern Rache und beginnen ihre grausame Jagd...


Mit "Kraa - Das verlorene Tal", dem ersten von drei Bänden habe ich mich in die Welt der Comics gewagt, fernab von japanischen Mangas. "Kraa" stammt aus der Feder von Benoit Sokal (*1954), einem belgischen Comiczeichner und Autor von Computerspielen wie Syberia oder Paradise. Wer nun glaubt, Comics seien nur was für Kinder und dabei an seine alten "Lustiges Taschenbuch"-Ausgaben denkt, der wird mit "Kraa" eines besseren belehrt. Denn die Geschichte ist alles andere als Kinderkram. 

Die Natur ist bekanntlich grausam und so ist auch Kraa. Er tötet ohne Skrupel um zu überleben oder um seinem Freund Yuma beizustehen. Seinen Bruder hat er aus dem Nest gestoßen, einfach weil er der Stärkere war und seine scharfen Klauen reißen ohne Zögern Kaninchen, Wölfe und sogar Menschen in Stücke, wobei reichlich Blut spritzt. Doch als die Geschäftsleute zusammen mit skrupellosen Wilderern in das Tal kommen, muss Kraa erkennen, dass er nicht mehr das gefährlichste Tier der Gegend ist.

©Benoit Sokal
Sein Freund Yuma ist ein junger Eingeborener und hat dank seiner schamanischen Vorfahren eine magische Verbindung zu Kraa. Obwohl es für Yuma keinen schöneren Ort als sein Tal gibt, schickt ihn sein Onkel im Herbst regelmäßig auf ein Internat, da er weiß, dass man mit dem Verkauf von Fellen einfach kein Geld mehr verdienen kann und der Stamm sich von seinen alten Traditionen lösen muss, um zu überleben. Yumas Schicksal verdeutlicht die Probleme vieler Eingeborenenstämme, die oftmals Schwierigkeiten haben, sich in der neuen Gesellschaft einzufinden. So schleicht auch hier beispielsweise eine alte Squaw durch die neu gebaute Stadt, durchwühlt die Mülltonnen auf der Suche nach Nahrung und die Einwohner begegnen ihr feindselig.

"Kraa" vermischt Historie, Abenteuer, Mythologie und Naturschutz zu einer packenden Geschichte, bei der der Adler als Rächer der Natur die Ausbeutung des Tals nicht hinnimmt. Dabei wird die Geschichte abwechselnd aus Sicht des Adlers und des Jungen erzählt. Für Kinder ist dieser Comic wahrlich nichts, denn es werden jede Menge Menschen und Tiere getötet, es spritzt Blut und in alter Eingeborenentradition skalpiert Yuma die Mörder seiner Schwester.

©Benoit Sokal
Grausam und brutal geht es zu und die Bilder spiegeln das perfekt wieder. Grau, braun und schwarz dominieren die Farbgebung der 96 großformatigen Seiten.
Die Bilder verstrahlen trotz der düsteren Thematik eine großartige Atmosphäre, man fühlt sich tatsächlich, als stünde man gerade an Yumas Seite mitten im Tal oder fliegt mit Kraa über die beeindruckende Landschaft.
Die Ausarbeitung der menschlichen Figuren wirkt hier etwas weniger gelungen als die verblüffend echt erscheinenden Bilder des Adlers. Während Kraa so natürlich wie möglich gezeichnet erscheint, wirken die Menschen zwischendurch etwas grober skizziert und karikaturhaft. Die "Bösen" sehen auch typisch böse aus, haben pockennarbige und zerfurchte Gesichter und brutale Gesichtszüge. Doch das eher grobschlächtige Aussehen passt zu den Charakteren und verstärkt den rauen, wilden Eindruck des Comics.

"Kraa" ist für mich ein wunderbar gelungener Comic, der wie ein Abenteuerfilm wirkt. "Kraa - Das verlorene Tal" ist der erste von drei Bänden. Eine Leseprobe könnt ihr hier finden: KLICK.

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